Stadtbrachen
Wo bis vor kurzem Leben blühte, man bei milden Temperaturen schwatzte, Fleisch aufs Feuer legte und Gläser füllte, seinen Schrebergarten harkte, pflückte, jätete und sich Kinder Beeren in den Mund schoben, starren verbrannte Balken, Splitter von Glas klirren unter den Füssen, Brombeeren wuchern und vergessenes Spielzeug bleicht vor sich hin. Traurig sind sie, die aufgegebenen Gärten. Die Sonne brennt heiss an diesem Julinachmittag, die Regentonnen wären gefüllt bis zum Rand, um das Gemüse zu wässern, aber niemand hat gepflanzt. Die Bäume und Sträucher haben getrotzt: Die frühen Äpfel sind da, die Himbeeren. Und Ringelblumen. Wir pflücken, die Wege trennen sich und finden sich wieder. Ich, der ich zum ersten Mal da bin, schaue, staune, es müsste ein Paradies für Kinder sein hier. Doch da ist keine Seele. Ein einziger älterer Mann betritt das Areal und sammelt ebenfalls Beeren. Ja, er hatte bis letztes Jahr hier seinen "Pflanzblätz", sagt er, und den Besitzern der Einfamilienhäuser habe das eben nicht so gefallen, der Lärm. Warum auch immer: Sie mussten alle gehen.
Man könnte nun sagen, die "Natur" setze sich wieder in ihr Recht und lasse verschwinden, was der Mensch mit seiner "Kultur" ihr aufgezwungen. Bodenplatten springen auf, Dächer lecken, viele der kleinen Häuser wurden angezündet, man riecht noch den Russ, denkt an Krieg und Zerstörung und steht auf einmal vor diesem Weidenkorb, der sich von selber füllt, zuwächst. Schweigend verlasse ich dieses Niemandsland, berührt, traurig und werde wiederkommen, hoffentlich bevor der Bagerzahn den Boden aufwühlt…
epper - 28. Jul, 16:22
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