Erich (anonym) - 27. Feb, 19:33
Geschlächter
Tut mir leid, aber von (literarischen) Geschlechterspezifika weiss ich wenig ("don't know much about history, don't know much about biology" usw.) und die Figur des "ich kann mir ein Leben ohne "Schilten" nicht vorstellen" hat auch nicht zwingend mit Überlebenshilfe zu tun, sondern eher mit einem Spannungsfeld, das an den beiden Polen von Kontingenz und Teleologie sich aufspannt. Das ist doch das Schöne am Lesen: Es dient keiner Sache. Oder besser noch (Felix hat jetzt sicher gelacht, als ich den Eindruck zu vermitteln versucht war, mich als planlosen und zurückgelehnten Leser ins Spiel zu bringen): Lesen braucht keiner Sache zu dienen. Schreiben schon.
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epper - 27. Feb, 20:16
Was dem Menschen dient zum S...
Dummer Felix, muss natürlich rasch "Google" nach den Sinnen der Teleologie fragen, um hier was Gescheites antworten zu können (vesifft immer die philosophischen Grundbegriffe!), stolpert aber dabei über ein Fragment von Heine, das euch sicher bekannt ist (wenn auch vielleicht nur in Auszügen "Hängen würden wir sie gern. / Doch sie sind so große Herrn")..
Heine preist die Nützlichkeit der Schöpfung mit Lichtenberg'schem Schalk, fordert dadurch aber Teutolindes Widerspruch heraus.
Freund, ich hab dir zugehört,
Und du hast mir gut erklärt,
Wie zum weisesten Behuf
Gott dem Menschen zwiefach schuf
Augen, Ohren, Arm' und Bein',
Während er ihm gab nur ein
Exemplar von Nas und Mund –
Doch nun sage mir den Grund:
Gott, der Schöpfer der Natur,
Warum schuf er einfach nur
Das skabröse Requisit,
Das der Mann gebraucht, damit
Er fortpflanze seine Rasse
Und zugleich sein Wasser lasse?
Teurer Freund, ein Duplikat
Wäre wahrlich hier vonnöten,
Um Funktionen zu vertreten,
Die so wichtig für den Staat
Wie fürs Individuum,
Kurz fürs ganze Publikum.
Eine Jungfrau von Gemüt
Muß sich schämen, wenn sie sieht,
Wie ihr höchstes Ideal
Wird entweiht so trivial!
Wie der Hochaltar der Minne
Wird zur ganz gemeinen Rinne!
Psyche schaudert, denn der kleine
Gott Amour der Finsternis,
Er verwandelt sich beim Scheine
Ihrer Lamp – in Mankepiß.
[Heine gibt zurück]
Und ich sagte ihr: Gemach!
Unklug wie die Weiber sind,
Du verstehst nicht, liebes Kind,
Gottes Nützlichkeitssystem,
Sein Ökonomie-Problem
Ist, daß wechselnd die Maschinen
Jeglichem Bedürfnis dienen,
Den profanen wie den heil'gen,
Den pikanten wie langweil'gen, –
Alles wird simplifiziert;
Klug ist alles kombiniert:
Was dem Menschen dient zum Seichen,
Damit schafft er seinesgleichen.
Auf demselben Dudelsack
Spielt dasselbe Lumpenpack.
Feine Pfote, derbe Patsche,
Fiddelt auf derselben Bratsche,
Durch dieselben Dämpfe, Räder
Springt und singt und gähnt ein jeder,
Und derselbe Omnibus
Fährt uns nach dem Tartarus.
Um eine kleine Konklusion zu finden: Also kann auch das Lesen einmal dienen einem Zwecke und dann wieder zu nichts dienen als der Triebabfuhr; darin könnte ich mich finden.
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Reposted
Geschlächter
Tut mir leid, aber von (literarischen) Geschlechterspezifika weiss ich wenig ("don't know much about history, don't know much about biology" usw.) und die Figur des "ich kann mir ein Leben ohne "Schilten" nicht vorstellen" hat auch nicht zwingend mit Überlebenshilfe zu tun, sondern eher mit einem Spannungsfeld, das an den beiden Polen von Kontingenz und Teleologie sich aufspannt. Das ist doch das Schöne am Lesen: Es dient keiner Sache. Oder besser noch (Felix hat jetzt sicher gelacht, als ich den Eindruck zu vermitteln versucht war, mich als planlosen und zurückgelehnten Leser ins Spiel zu bringen): Lesen braucht keiner Sache zu dienen. Schreiben schon.
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epper - 27. Feb, 20:16
Was dem Menschen dient zum S...
Dummer Felix, muss natürlich rasch "Google" nach den Sinnen der Teleologie fragen, um hier was Gescheites antworten zu können (vesifft immer die philosophischen Grundbegriffe!), stolpert aber dabei über ein Fragment von Heine, das euch sicher bekannt ist (wenn auch vielleicht nur in Auszügen "Hängen würden wir sie gern. / Doch sie sind so große Herrn")..
Heine preist die Nützlichkeit der Schöpfung mit Lichtenberg'schem Schalk, fordert dadurch aber Teutolindes Widerspruch heraus.
Freund, ich hab dir zugehört,
Und du hast mir gut erklärt,
Wie zum weisesten Behuf
Gott dem Menschen zwiefach schuf
Augen, Ohren, Arm' und Bein',
Während er ihm gab nur ein
Exemplar von Nas und Mund –
Doch nun sage mir den Grund:
Gott, der Schöpfer der Natur,
Warum schuf er einfach nur
Das skabröse Requisit,
Das der Mann gebraucht, damit
Er fortpflanze seine Rasse
Und zugleich sein Wasser lasse?
Teurer Freund, ein Duplikat
Wäre wahrlich hier vonnöten,
Um Funktionen zu vertreten,
Die so wichtig für den Staat
Wie fürs Individuum,
Kurz fürs ganze Publikum.
Eine Jungfrau von Gemüt
Muß sich schämen, wenn sie sieht,
Wie ihr höchstes Ideal
Wird entweiht so trivial!
Wie der Hochaltar der Minne
Wird zur ganz gemeinen Rinne!
Psyche schaudert, denn der kleine
Gott Amour der Finsternis,
Er verwandelt sich beim Scheine
Ihrer Lamp – in Mankepiß.
[Heine gibt zurück]
Und ich sagte ihr: Gemach!
Unklug wie die Weiber sind,
Du verstehst nicht, liebes Kind,
Gottes Nützlichkeitssystem,
Sein Ökonomie-Problem
Ist, daß wechselnd die Maschinen
Jeglichem Bedürfnis dienen,
Den profanen wie den heil'gen,
Den pikanten wie langweil'gen, –
Alles wird simplifiziert;
Klug ist alles kombiniert:
Was dem Menschen dient zum Seichen,
Damit schafft er seinesgleichen.
Auf demselben Dudelsack
Spielt dasselbe Lumpenpack.
Feine Pfote, derbe Patsche,
Fiddelt auf derselben Bratsche,
Durch dieselben Dämpfe, Räder
Springt und singt und gähnt ein jeder,
Und derselbe Omnibus
Fährt uns nach dem Tartarus.
"Zur Telologie" (Fragment)
http://meister.igl.uni-freiburg.de/gedichte/hei_h80.html
Um eine kleine Konklusion zu finden: Also kann auch das Lesen einmal dienen einem Zwecke und dann wieder zu nichts dienen als der Triebabfuhr; darin könnte ich mich finden.
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